Gesundheitsforum der Berliner Landesgesundheitskonferenz „Gesundheitsversorgung für alle: Wie Menschen ohne eigenen Wohnraum Zugang erhalten!“, 28.06.2023
Eröffnung & Begrüßung, Dr. Christian von Dewitz, Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich begrüße Sie, im Namen von Staatssekretärin Haußdörfer, zum diesjährigen Gesundheitsforum zum Thema „Gesundheitsversorgung für Alle! Wie Menschen ohne eigenen Wohnraum Zugang erhalten.“
Frau Haußdörfer bedauert es sehr, heute zu diesem wichtigen Termin nicht anwesend sein zu können. Ich bin mir jedoch sicher, dass wir mit den anwesenden Gästen heute – sowohl auf dem Podium als auch im Publikum – in einen spannenden fachlichen Austausch kommen können.
Wohnungslosigkeit spielt in Berlin eine große Rolle – der Berliner Masterplan zur Überwindung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis zum Jahr 2030, der von der für Soziales zuständigen Senatsverwaltung im September 2021 veröffentlicht wurde und nötige Schritte zur Beendigung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit in Berlin beschreibt, gibt an, dass in Berlin rund 50.000 Menschen in Gemeinschaftsunterkünften und betreuten Wohnformen für wohnungslose Menschen untergebracht sind. [1] Hinzu kommen Menschen, die vorübergehend bei Freunden und Bekannten unterkommen und die statistisch nicht erfasst werden. Ebenso wenig statistisch erfasst werden Menschen, deren Lebensmittelpunkt auf der Straße ist. In der „Nacht der Solidarität“ wurden hier im Januar 2020 ca. 2000 Menschen gezählt, die Dunkelziffer dürfte lt. Schätzungen der Versorgungseinrichtungen weitaus höher liegen.
Die Projekte, die die SenWGP fördert – z.B. die Caritas Krankenwohnung und die Caritas Ambulanz - widmen sich primär der Zielgruppe von Menschen mit Lebensmittelpunkt auf der Straße, werden aber auch von wohnungslosen Menschen im weiteren Sinne aufgesucht. Auch in der Clearingstelle für nicht krankenversicherte Menschen waren in 2022 knapp 60 Prozent der Ratsuchenden wohnungslos, davon 12 Prozent Menschen mit Lebensmittelpunkt auf der Straße.
Die SenWGP ist sich dieser Zielgruppe und ihrer Gesundheitssituation bewusst und fördert daher diverse Einrichtungen, die wohnungslosen Menschen den Zugang zu medizinischer Versorgung erleichtern sollen. Um die Gesundheitssituation wohnungsloser Menschen jedoch langfristig und nachhaltig zu verbessern, ist es unerlässlich, dass alle relevanten Akteure ihre Fachexpertise zusammenbringen und gemeinsam an Lösungen arbeiten.
Das bedeutet im Konkreten eine Ressort-, Ebenen- und sektorenübergreifende Zusammenarbeit auf Senats- und Bezirksebene sowie mit Leistungserbringern und NGOs.
Mit der Berliner Landesgesundheitskonferenz haben wir hier eine Plattform, die genau diesen Austausch und diese Zusammenarbeit langjährig und erfolgreich erprobt hat.
Die Berliner Landesgesundheitskonferenz hat Ende 2022 erste Gesundheitsziele für die Zielgruppe „Menschen ohne eigenen Wohnraum“ verabschiedet. Die Mitglieder der LGK verpflichten sich somit im Rahmen ihrer Selbstverpflichtung, die Ziele auch umzusetzen.
Berlin ist damit das erste Bundesland, das LGK-Gesundheitsziele für diese Zielgruppe erarbeitet hat.
Die Gesundheitsziele der LGK für diese Zielgruppe sind:
- Die Verbesserung der medizinischen und zahnmedizinischen Versorgung wohnungsloser Menschen.
- Etablierung eines regelmäßigen Austauschs zur gesundheitlichen Versorgung wohnungsloser Menschen zwischen allen relevanten Akteur*innen.
- Aufbau einer Gesundheitsberichterstattung für wohnungslose Menschen.
Die verabschiedeten Ziele knüpfen damit an die Leitlinien des Berliner Senats für Wohnungsnotfallhilfe und Wohnungslosenpolitik von 2019 an. [2]
Verantwortlich für die Ausarbeitung der Gesundheitsziele ist die Unterarbeitsgruppe für Menschen ohne eigenen Wohnraum, die im Rahmen des Gesundheitsziels „Gesund teilhaben“ auf Initiative der SenWGP ins Leben gerufen wurde. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass die sehr ambitionierte Zeitschiene der U-AG – schon im ersten Jahr ihrer Entstehung erste Ziele zu finalisieren – dem außerordentlichen Engagement aller Beteiligten an der U-AG zu verdanken ist. Ich möchte daher allen beteiligten Akteur*innen aus Praxis und Verwaltung meinen herzlichen Dank für Ihr Engagement und das Einbringen Ihrer wichtigen Fachexpertise aussprechen. Zu den Arbeitsergebnissen der U-AG werden wir im Einzelnen an späterer Stelle kommen, wenn die Gesundheitsziele für wohnungslose Menschen durch zwei Vertreter*innen der U-AG vorgestellt werden.
Ich hoffe aber, dass wir das heutige Gesundheitsforum nutzen können, um nicht nur die Arbeitsergebnisse der U-AG zu diskutieren, sondern erste Ansätze zu finden, wie wir zukünftig an der Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Menschen ohne eigenen Wohnraum gemeinsam arbeiten können.
Aus meiner Sicht ist es dafür dringend notwendig, dass wir im Dialog miteinander bleiben und dass wir das heutige Gesundheitsforum nutzen, uns weiter miteinander zu vernetzen, Ansätze zu diskutieren und (hoffentlich) neue Akteur*innen für den Gesundheitszieleprozess rund um die medizinische Versorgung von Menschen ohne eigenen Wohnraum zu gewinnen.
In diesem Sinne freue ich mich auf die kommenden zwei Stunden mit Ihnen.
[1] Der Masterplan nimmt hier Bezug auf Unterbringung nach dem ASOG, SGB II, SGB XII und dem AsylbLG.
[2] Leitlinien der Wohnungsnotfallhilfe und Wohnungslosenpolitik (2019), S. 32f. hier